Dorfkäserei Geifertshofen AG, Bühlerzell
Leben
„Ins kalte Wasser geworfen“, nennt man wohl das, was Nadine Walter-Bühler 2014 passiert ist. Als frisch gebackene Controllerin hatte sie gerade ihr Studium abgeschlossen. Dann nahm sie an einer Krisensitzung zur Rettung der Dorfkäserei teil. „Du machst das jetzt“, war man sich schnell einig. Die Dorfkäserei Geifertshofen, der einzige Absatzweg der regional produzierten Heumilch, war in Schieflage geraten. Seit Monaten konnte kein Milchgeld mehr ausbezahlt werden. Ihr traute man zu, das Ruder herumzureißen. Nicht nur wegen ihres Studiums und ihrer Ausbildung zur Landwirtin, sondern auch, weil sie auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und mit der Region verwurzelt ist. Auch sie selbst zeigte sich optimistisch: „Das Konzept der Dorfkäserei ist einfach stimmig.“ 13 Familienbetriebe in der Region produzieren hochwertige Bioland- und Demeter-Heumilch, die in der Dorfkäserei zu Käsespezialitäten verarbeitet und an über 500 Kundinnen und Kunden ausgeliefert wird.
Getragen wird das Unternehmen von Käseliebhabern, Kunden, Landwirtinnen und Landwirten sowie den Mitarbeitenden der Dorfkäserei. Einmal im Jahr werden die 491 Aktionärinnen und Aktionäre zur Hauptversammlung eingeladen. Sie freuen sich besonders auf das jährliche Deputat, das aus einem Kilogramm Käse besteht. „Die Wertschöpfung bleibt in der Region“, erläutert die heute 37-Jährige die Idee der Dorfkäserei. Das betrifft sowohl die landwirtschaftlichen Betriebe als auch die 30 Arbeits- und Ausbildungsplätze, an denen die Mitarbeitenden mit traditioneller Handwerkskunst und viel Sorgfalt die Heumilch zu biologischen und regionalen Produkten verarbeiten. „Fluktuation kennen wir eigentlich nicht.“
Nachdem sie 2014 zunächst ehrenamtlich den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, gelang es ihr schnell, die Dorfkäserei in die Erfolgsspur zu bringen. „Es brauchte einfach jemand, der sich darum kümmert und an den richtigen Stellschrauben dreht.“ Ihr Leitmotiv: Den Grundgedanken der Nachhaltigkeit auf die betriebswirtschaftliche Ebene bringen. „Nicht alles, was unseren Idealen gemäß wünschenswert wäre, ist auf der Kostenseite machbar.“
Damit die Kosten tragbar wurden, ging die Dorfkäserei auf ihre Kundschaft zu und erläuterte ihr die Notwendigkeit von höheren Preisen. „Der Verkaufspreis spiegelt die faire Unternehmenspolitik wider“, ist Walter-Bühler überzeugt. „Die Kunden haben alle mitgezogen und damit gezeigt, dass unser regionales Konzept auch dann funktioniert, wenn es an den Geldbeutel geht.“ Dieser stabil hohe Milchpreis ist ihr besonders wichtig, damit auf den Höfen Planungssicherheit besteht. Sie weiß, wie belastend unsichere Preise für die Familien auf den Höfen sind. „Schon als Kind war mir nicht klar, warum ein Schwein mal mehr und mal weniger wert ist und die Eltern nie wussten, mit welchen Einnahmen sie durch ihren Schweineaufzuchtbetrieb rechnen konnten.“
Auch alle Beschäftigten wurden aus der Insolvenz übernommen. „Wir sind schließlich eine große Dorfkäsereifamilie.“ Dabei, betont sie, gibt es neben der ökologischen und betriebswirtschaftlichen auch eine soziale Wertschöpfung. Direkt an der Käserei bietet der Dorfladen hochwertige Käsespezialitäten und ein soziales Miteinander: „Man trifft sich, tauscht sich aus – ganz so wie in früheren Zeiten.“
Langweilig wird ihr auch in Zukunft nicht werden. So will sie in den Produktionsbereich investieren und diesen zukunftsfähig machen. Auch ein neues Gebäude ist in der Planung. Sie und ihr Mann haben 2020 den landwirtschaftlichen elterlichen Betrieb übernommen. Aktuell stellen sie ihn aktuell auf ökologische Feldwirtschaft um. Gerade startet sie auch ein kleines Unternehmen, das Bio-Eis aus Heumilch produziert und vertreibt. Alles in der Region und für die Region: „Hier ist einfach mein Leben.“